Als Rembrandt sich 1625 in Leiden niederließ, arbeitete er eng mit Jan Lievens zusammen. Beide waren Schüler von Pieter Lastman in Amsterdam gewesen und teilten sich in Leiden zeitweilig ein Atelier. Mit Rembrandts Umzug nach Amsterdam löste sich 1631 der Kontakt. Lievens ging im darauffolgenden Jahr nach England, wo er später im Dienst von Karl I. stand. Sowohl Lievens wie Rembrandt stellten um 1629 mehrfach den Apostel Paulus dar und wählten dafür bisweilen dasselbe Modell. In behutsamer Pinselführung und glattem Farbauftrag, wie es für die Leidener Feinmalerei kennzeichnend war, zeigt Lievens den Apostel in grauer Kutte mit Federkiel in der Hand. In dem Heft auf dem Bücherstapel hat Paulus begonnen, in griechischer Sprache das zweite Kapitel seines zweiten Briefes an die Thessaloniker niederzuschreiben. Gerade hält er inne, um seinen nächsten Gedanken auszubilden. Wichtigster Regiefaktor im Bild ist das Licht aus einer nicht sichtbaren Quelle, mittels dessen Lievens das Haupt, die Hände und das geschriebene Wort des Apostels als Symbole seiner geistigen Strahlkraft eindrücklich aus den tonigen Graubraun-Abstufungen herauslöst. Im Schatten lehnt das Schwert, das auf den Märtyrertod des Apostels vorausweist.